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Entscheidung der Bundesregierung Bahn-Tochter Schenker soll verkauft werden

Lange hat die Bundesregierung gerungen, nun ist eine Entscheidung gefallen: Die Bahn soll sich von der Logistiktochter Schenker trennen. Das könnte gut 15 Milliarden Euro einbringen.
Lkw mit DB-Schenker-Logo: Die gewinnstarke Logistiktochter der Bahn wird verkauft

Lkw mit DB-Schenker-Logo: Die gewinnstarke Logistiktochter der Bahn wird verkauft

Foto: Jochen Tack / IMAGO

Die Bundesregierung hat sich nach übereinstimmenden Informationen des SPIEGEL und Reuters nach langem Ringen zu einem Verkauf der internationalen Bahn-Logistiktochter Schenker entschlossen. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Bahn habe den Grundsatzbeschluss kürzlich gefasst, sagten Regierungs- und Branchenvertreter der Nachrichtenagentur Reuters, die zuerst über die Entscheidung berichtet hatte.

Demnach soll der Aufsichtsrat des Staatskonzerns möglichst noch dieses Jahr die Trennung von Schenker billigen, voraussichtlich in einer Sondersitzung. Dabei solle sowohl ein Direktverkauf als auch ein Börsengang als Option geprüft werden. Man wolle sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, ein Verkauf erst 2024 sei denkbar. Weder das federführende Bundesverkehrsministerium noch die Bahn wollten die Informationen kommentieren.

Nach SPIEGEL-Informationen will die Bundesregierung, dass die Verkaufserlöse für die Sanierung der Infrastruktur verwendet werden. Im Gegenzug könnten dann die dafür vorgesehenen Mittel aus dem Bundeshaushalt verringert werden. Der Schenker-Verkauf könnte demnach gut 15 Milliarden Euro einbringen. Dann würden allerdings auch die recht beständig sprudelnden Gewinne der Frachttochter wegfallen, die bislang der Bahn zur Verfügung standen, unter anderem um die Zugflotte zu modernisieren.

Der in Essen ansässige Logistikdienstleister Schenker mit seinen weltweit 75.000 Mitarbeitern steht für mehr als ein Drittel des Umsatzes der Deutschen Bahn. Im ersten Halbjahr 2022 erzielte Schenker einen Betriebsgewinn von fast 1,2 Milliarden Euro und hievte damit den Gesamtkonzern wieder in die Gewinnzone. Im Zuge der Coronakrise und angespannter Lieferketten waren Logistiker gefragt, die Preise für See- und besonders Luftfracht stiegen stark.

Der Wert des Unternehmens wird derzeit in Finanzmarktkreisen auf zwölf bis 20 Milliarden Euro geschätzt, stark abhängig allerdings von der Weltkonjunktur infolge der Ukraine- und Energiekrise. Die Liste der potenziellen Interessenten für die Bahn-Tochter ist lang, denn im zersplitterten Logistikmarkt ist Schenker noch einer der größten: Maersk, Kühne+Nagel sowie die dänische DSV werden immer wieder genannt.

Das Management der Deutschen Bahn galt lange als Gegner eines Verkaufs, da die Sparte meist ein vergleichsweise verlässlicher Gewinnlieferant war und damit den verlustreichen Bahnverkehr in Deutschland stützen konnte. Auch der frühere Aufsichtsratschef Michael Odenwald hatte einen Verkauf skeptisch gesehen. Odenwald hat seinen Posten Ende Juli geräumt, das Vertrauensverhältnis zu Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) galt als gestört. Nachfolger soll Regierungs- und Branchenkreisen zufolge der langjährige Finanzstaatssekretär Werner Gatzer werden, der dem Aufsichtsrat als Regierungsvertreter dort bereits angehört.

Ein Verkauf von Schenker zeichnete sich ab, nachdem die Ampelkoalition im vergangenen Jahr die Regierung übernommen hatte. FDP und Grüne gelten als Befürworter einer Konzentration der Bahn auf den Personen- und Güterverkehr in Deutschland. Zudem ist der Staatskonzern mit mehr als 30 Milliarden Euro hoch verschuldet und braucht Geld für Investitionen.

Die Bahn hatte Schenker vor 20 Jahren für rund 2,5 Milliarden Euro beim Kauf des Stinnes-Konzerns erworben. Zehn Jahre davor hatte die Bahn Schenker schon einmal verkauft.

gt/fdi/Reuters