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Bilanz des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen 9-Euro-Ticket spart fast zwei Millionen Tonnen CO₂ ein

Das auslaufende Billigticket hat deutlich mehr zur Verkehrswende beigetragen als erhofft. Laut der Schlussbilanz der Verkehrsunternehmen wurden etliche Autofahrten ersetzt und so die Klimabilanz verbessert.
Regionalzug am Berliner Hauptbahnhof: Noch wird über Nachfolgeregelungen gestritten

Regionalzug am Berliner Hauptbahnhof: Noch wird über Nachfolgeregelungen gestritten

Foto: Emmanuele Contini / IMAGO

Gedacht war es zur finanziellen Entlastung, gebracht hat es nebenbei noch einen beachtlichen Beitrag zum Klimaschutz: Das 9-Euro-Ticket habe in drei Monaten rund 1,8 Millionen Tonnen CO₂ eingespart, schätzt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – fast so viel, wie ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen in einem ganzen Jahr bringen würde. Die Aktion habe rund eine Milliarde Fahrten pro Monat im Zeitraum Juni bis August ermöglicht, teilte der VDV am Montag mit.

Das 9-Euro-Ticket, mit dem der öffentliche Nahverkehr bundesweit einen Monat lang zum Festpreis genutzt werden konnte, gilt noch bis zum 31. August. Eine einheitliche Nachfolgeregelung zeichnet sich nicht ab. Vorschläge gibt es, bislang aber keine Beschlüsse. Der VDV spricht sich für eine zügige Anschlusslösung aus. »Wenn wir Verkehrswende und Klimawandel ernst nehmen, dann müssen wir jetzt handeln«, teilte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff mit.

Rund 52 Millionen Tickets seien über den gesamten Zeitraum bundesweit verkauft worden, teilte der Verband am Montag mit. »Hinzu kommen mehr als zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, die das vergünstigte Ticket jeweils monatlich über den Aktionszeitraum automatisch erhalten haben«, hieß es. Der VDV führt zusammen mit der Deutschen Bahn  die umfangreichste Umfrage zur Nutzung des 9-Euro-Tickets durch, 6000 Menschen wurden jede Woche befragt. Dabei kam heraus, dass jeder zehnte Nutzer des Tickets mindestens eine Fahrt mit dem ÖPNV gemacht hat, die er ohne das Ticket im Auto zurückgelegt hätte.

Resonanz im ländlichen Raum weniger hoch

Jeder fünfte Käufer sei ein Neukunde gewesen, der den öffentlichen Nahverkehr normalerweise nicht nutze, so der VDV. Genutzt wurde das Ticket aber vor allem in Städten. In ländlichen Gebieten war die Resonanz nur halb so hoch. Als Hauptgrund dafür wurde ein unzureichendes Angebot genannt: umständliche Verbindungen, zu lange Fahrten, zu geringer Takt und zu weit entfernte Haltestellen. 17 Prozent der Nutzer gaben im August an, von anderen Verkehrsmitteln umgestiegen zu sein, aber nicht nur vom Auto, sondern beispielsweise auch dem Fahrrad. 81 Prozent finden das Angebot gut – vor allem wegen des günstigen Preises, aber auch wegen der einfachen Nutzung.

Ob und – falls ja – ab wann es ein Nachfolgemodell gibt, ist offen. Die Bundesländer haben vom Bund einen Vorschlag für eine Nachfolgeregelung und erneut mehr Geld für Busse und Bahnen gefordert. Der Verkehrssektor gilt als ein Sorgenkind beim Klimaschutz, Klimaziele drohen weit verfehlt zu werden. Ein Sofortprogramm des FDP-Verkehrsministers Volker Wissings sei »schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch«, stellten vom Bund mit der Prüfung beauftragte Expertinnen und Experten vergangene Woche fest. Alle vom Ministerium vorgeschlagenen Maßnahmen zusammen sollen im ersten Jahr 0,66 Millionen Tonnen CO₂ sparen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Doch nicht nur dauerhaft günstige Tickets scheinen nötig, um den öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland attraktiver zu machen. Gerade einmal 39 Prozent der Menschen in Deutschland äußern sich zufrieden mit dem öffentlichen Nahverkehr und der Bahn, lautet das Ergebnis einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Auf dem Land war demnach nicht einmal jeder Dritte zufrieden (31 Prozent), in der Stadt dagegen fast jeder Zweite (48 Prozent). In Ostdeutschland ist zudem die Zufriedenheit mit dem ÖPNV mit 45 Prozent deutlich höher als in Westdeutschland mit 38 Prozent.

ani/dpa/AFP/Reuters