Für die Zeit nach dem Ende des befristeten 9-Euro-Tickets fordern die deutschen Kommunen dauerhaft günstige Fahrkarte für den Nahverkehr. "Wir brauchen keinen kurzen ÖPNV-Sommer, sondern ein flächendeckendes ÖPNV-Land", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, dem Handelsblatt. Die SPD forderte hingegen grundsätzlich mehr Geld für den Nahverkehr.

Es müsse darüber nachgedacht werden, "perspektivisch ein bundesweit gültiges, einheitliches und vergünstigtes Ticket folgen zu lassen", sagte Landsberg weiter. Seit Juni und noch bis einschließlich August können Bürgerinnen und Bürger für neun Euro pro Monat bundesweit den Nahverkehr nutzen. Das Angebot ist eine Entlastungsmaßnahme angesichts der derzeit hohen Lebenshaltungskosten. Sie soll auch Aufschluss über die Nutzung des ÖPNV liefern.

Der Nahverkehr benötige nach dem 9-Euro-Ticket "dringend eine solide Finanzierungsbasis, denn eine dauerhaft günstige Tarifstruktur darf auf keinen Fall in Angebotskürzungen münden", sagte auch Landsberg. Erst mit einer dauerhaften Mittelerhöhung durch Bund und Länder entstünden die notwendigen Spielräume, um mehr Busse und Bahnen fahren zu lassen und auch tarifliche Angebote deutlich zu verbessern.

Verbraucherzentrale will "Nutznießer" von ÖPNV-Strecken an Finanzierung beteiligen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte ebenfalls "konstant günstige Ticketpreise", um den Nahverkehr zu stärken und Fahrgäste zu halten. "Die Bundesregierung sollte deshalb ein Preismoratorium für Busse und Bahnen beschließen und in einen kundenfreundlichen ÖPNV und attraktive Angebote investieren", sagte Interimschefin Jutta Gurkmann dem Handelsblatt.

Als zusätzliche Möglichkeit der Finanzierung regte der vzbv eine "Nutznießer-Finanzierung" an. Dies würde bedeuten, Arbeitgeber, Einzelhändler oder Private, deren Immobilien etwa durch einen guten ÖPNV-Anschluss an Wert gewinnen, an der Finanzierung zu beteiligen.

Die SPD-Verkehrsexpertin Dorothee Martin sagte dem Handelsblatt dazu, es sei klar, "dass wir dauerhaft mehr Geld im ÖPNV brauchen". In vielen Regionen sei das Angebot "leider ungenügend". Gleichzeitig stiegen die Kosten auch bei den Verkehrsunternehmen. "Insofern wird es schon eine Herausforderung, bestehende Verbindungen und Tarife aufrechtzuerhalten", sagte Martin.

Zurückhaltend zu einem umfassenden Billigticket äußerte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. "Denkbar wäre etwa, jungen Menschen ein extrem günstiges Angebot zu machen", sagte die Ökonomin dem Handelsblatt. So gewöhnten diese sich an die Nutzung öffentlicher Verkehrssysteme, die dann mit zunehmendem Ausbau auch attraktiver würden. "Mit einem Angebot für alle, auch die Zahlungskräftigen, reduziert man ja nur den finanziellen Spielraum, ohne dass man große Effekte erzielen dürfte."

Erneut überfüllte Züge an Pfingstmontag erwartet

Die Reisewelle zu Pfingsten und das 9-Euro-Ticket haben auch am Sonntag nach Angaben der Deutschen Bahn für viel Betrieb gesorgt. Insbesondere touristische Ziele waren sehr stark nachgefragt – etwa Richtung Ost- und Nordsee. Die Nachfrage bewege sich mancherorts auf ähnlich hohem Niveau wie samstags. Insgesamt ging die Deutsche Bahn von einem geringeren Andrang aus als am Samstag. Reisende hatten am Samstag von teils völlig überfüllten Zügen berichtet, es sei auch zu Verspätungen gekommen. Manche Bahnkunden hätten keinen Sitzplatz gefunden, aus einigen Zügen mussten Fahrgäste wieder aussteigen. Auch konnten Reisende Fahrräder teils nicht mitnehmen.

Bundespolizisten sind über Pfingsten verstärkt im Einsatz, um Bahn-Mitarbeiter zu unterstützen – etwa wenn Fahrgäste aufgefordert werden müssen, überfüllte Züge zu verlassen. Wie häufig überfüllte Züge gestoppt werden mussten, war zunächst nicht von der Bahn zu erfahren. In Stendal in Sachsen-Anhalt wurden Bundespolizisten am Samstag zu einem überfüllten Regionalexpress Richtung Norden gerufen. Der Zug sei um mehr als 200 Prozent ausgelastet gewesen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei an diesem Sonntag.

Für Pfingstmontag rechnet die Bahn erneut mit einem stärkeren Andrang wegen erster Rückreisen. Eine Sprecherin empfahl Fahrgästen erneut, sich kurz vor Reiseantritt noch einmal bei den Verkehrsverbünden vor Ort oder über den DB-Navigator informieren.