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Deutsche Bahn lässt Pandemie hinter sich Konzern verkauft wieder fünf Millionen Bahncards

Würden die Deutschen statt Geschäftsreisen lieber Videokonferenzen machen – und weniger Zug fahren? Diese Sorge scheint unberechtigt. Die Zahl der verkauften Bahncards steigt auf das Vorkrisenniveau.
Bahn-Reisende am Hamburger Hauptbahnhof

Bahn-Reisende am Hamburger Hauptbahnhof

Foto: Bodo Marks / dpa

An zwei Dingen mangelt es der Deutschen Bahn derzeit nicht: an Fahrgästen und Problemen. Schon in diesem Frühjahr verzeichnete die Bahn einen Run auf die Fernverkehrszüge. Diesen Sommer dann boomte der Regionalverkehr wegen des 9-Euro-Tickets.

Jetzt kann die Bahn auch bei ihren Stammkunden einen Erfolg vermelden: Mit mehr als fünf Millionen Käuferinnen und Käufern ist die Bahncard wieder auf das Niveau zurückgekehrt, das sie vor der Pandemie erreicht hatte. Nach SPIEGEL-Informationen zogen die Verkäufe der Probe-BahnCards im August um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an.

Bei den Vielfahrern, den BahnCard-100-Kunden, kletterten die Neuverkäufe um rund 40 Prozent. In diesem Segment, in dem sich die wohl treuesten Bahn-Kunden befinden, war es zu besonders vielen Kündigungen gekommen.

Im Lockdown brach die Gesamtzahl der BahnCard-Besitzer zwischenzeitlich um bis zu 15 Prozent ein. »Damit lassen wir die Coronadelle auch bei unseren Stammkunden endgültig hinter uns«, sagte Bahn-Vorstandsvorsitzender Richard Lutz dem SPIEGEL. »Immer mehr Menschen wollen eine klimafreundliche Mobilität und entscheiden sich deshalb für die Bahn.« Während der Coronapandemie gab es pessimistische Prognosen, wonach der Fernverkehr niemals wieder auf ein ähnliches Niveau steigen würde. Diese Befürchtungen scheinen unbegründet zu sein.

Bahn-Chef Lutz verschaffen diese Zahlen ein wenig Luft. Denn der Konzern steht seit Monaten in der Kritik. Die Pünktlichkeit ist eingebrochen, es gibt massive Probleme mit Baustellen, Zugausfällen und dem Service an Bord. Im Juni dann verunglückte ein Regionalexpress auf dem Weg nach Garmisch-Partenkirchen. Fünf Menschen starben.

Grund sind vermutlich mangelhafte Betonschwellen. Sie werden bei einer ganzen Reihe von Strecken, vor allem im Osten, in den nächsten Monaten ausgetauscht, bis dahin sind einige von ihnen gesperrt. Offensichtlich sind die Zustände im Personenverkehr der Bahn nicht so schlimm, dass sie die Fahrgäste abschrecken. Der Passagierboom ist aber auch ein Grund, warum die Bahn die Pünktlichkeit nicht in den Griff bekommt. Die Ein- und Ausstiege verlängern sich dadurch.

Allerdings ist vor allem die marode Infrastruktur schuld an den notorischen Verspätungen. Die Bahn hatte in den vergangenen Monaten begonnen, die Bautätigkeit zu erhöhen, diese aber nicht ausreichend gut koordiniert mit dem Zugverkehr. Neben dem Personenverkehr leidet darunter auch der Güterverkehr. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat dies stark kritisiert.

Er hat die Bahn deshalb zu einem neuen Baustellenkonzept gezwungen. Demnach sollen ganze Korridore zwischen Metropolen instandgesetzt und modernisiert werden, damit sie für eine längere Zeit nicht wieder angefasst werden müssen. Solche Sanierungen von Grund auf hatte die Bahn bislang gescheut. Auch die Vorgänger von Wissing hatten daran kein sonderliches Interesse. Denn es bedeutet für die kommenden Jahre erhöhte Bautätigkeit und deshalb auch mehr Verspätungen.

gt

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