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CarPlay Apple greift stärker ins Auto ein

Mit der nächsten Generation der CarPlay-Software will Apple direkten Zugriff auf Steuerungssysteme der Autos. Dann könnten iPhones auch Geschwindigkeit oder Spritverbrauch messen – wenn die Autohersteller mitmachen.
Apple am Steuer: Auszug aus der CarPlay-Präsentation

Apple am Steuer: Auszug aus der CarPlay-Präsentation

Foto: Apple

Apple dringt mit seiner Software CarPlay stärker in die Autobranche vor. Erstmals könnten Informationen über Geschwindigkeit, Fahrtrichtung und Tankfüllung vom iPhone auf die Instrumentenanzeige gegeben werden, kündigte der Hersteller am Montag zum Auftakt seiner Entwicklerkonferenz WWDC an. Durch eine tiefere Integration im Fahrzeug könnten nun auch die Klimaanlage oder das Radio über die Apple-Anwendung gesteuert werden. Apple präsentierte die Logos mehrerer Automarken als Beteiligte an dem Projekt, darunter Mercedes, Audi, Porsche, Ford, Renault, Nissan und Volvo. Wie genau die Kooperation aussehen soll, werde Ende kommenden Jahres bekannt gegeben. Weitere Details nannte der US-Konzern zunächst nicht.

Erste Fahrzeuge, die darauf zurückgreifen, sollen Ende kommenden Jahres vorgestellt werden, wie es hieß. Google arbeitet bereits seit Jahren daran, neben seiner CarPlay-Konkurrenz Android Auto den Herstellern auch eine Android-Version für Fahrzeugfunktionen anzubieten. Technologiekonzerne wie Apple, Google und Amazon suchen seit Langem einen Weg, eine größere Rolle in Autos zu spielen und Zugang zu den unzähligen Daten in vernetzten Fahrzeugen zu bekommen. Bisher waren die Autohersteller allerdings zurückhaltend und setzten bevorzugt auf eigene Entwicklungen.

CarPlay ist bereits in fast allen Neuwagenmodellen verfügbar . Bisher war die Software jedoch darauf beschränkt, Inhalte wie Musik oder Podcasts von einem iPhone auf den Infotainment-Bildschirm zu bringen. Die kommende Version soll der Vorschau zufolge auch das komplette Instrumenten-Cluster zum Beispiel mit der Geschwindigkeitsanzeige betreiben können. Dort ließen sich dann auch Informationen vom Smartphone wie etwa das Wetter anzeigen. Mag der Wechsel von einem Bildschirm auf einen anderen auch wie ein kleiner Schritt für Apple wirken, bedeutet er doch einen großen Sprung für die technologische und geschäftliche Beziehung zwischen dem iPhone-Hersteller und den Autokonzernen der Welt.

Erstmals kommunizieren iPhones nach dem neuen Modell direkt mit dem Steuergerät des Fahrzeugs – ein entscheidender Schritt, um künftig auch Funktionen für das autonome Fahren anbieten zu können. Die Ingenieurin Emily Schubert von Apples Autoprojekt sagte auf der Entwicklerkonferenz WWDC, »dein iPhone kommuniziert in einer datenschutzfreundlichen Weise, auf dem Gerät, mit den Echtzeitsystemen deines Fahrzeugs und zeigt all deine Fahrinformationen«.

Autos hätten sich stark verändert, mit größeren Bildschirmen und mehr davon über das Fahrzeug verteilt, erklärte Schubert. »Da liegt eine Gelegenheit für das iPhone, eine noch größere Rolle zu spielen.« Die Displays sollten nach dem neuen Konzept eine einheitliche Nutzeroberfläche bieten, die zur Erfahrung mit Apple-Produkten passt. Apple zufolge seien die Hersteller »begeistert« von dem Konzept.

Einige Vertreter der Marken, deren Logos in der Apple-Präsentation auftauchten, äußerten sich zurückhaltend: Man sei wohl interessiert an dem neuen CarPlay, habe über den Einsatz in künftigen Modellen aber noch nicht entschieden. »Wir arbeiten mit Apple an diesem Entwicklungsprojekt«, sagte ein Porsche-Sprecher.

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Seit Jahren wird darüber spekuliert, inwiefern Apple den Autoherstellern mit seinem Projekt Apple Car Konkurrenz machen könnte. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge könnte schon 2024 oder 2025 ein eigenes Apple-Elektroauto mit Selbstfahrfunktionen auf den Markt kommen. Die Software mit den Instrumenten im Cockpit zu verbinden, könnte Apple Zugang zu den nötigen Fahrzeugdaten verschaffen, um seine autonome Technik zu vermarkten.

Die Autokonzerne blicken argwöhnisch auf Apple und andere Tech-Giganten. Sie wollen selbst hohe Gewinne einfahren, die sie aus dem Softwaregeschäft erwarten – und fürchten das Schicksal traditioneller Handyhersteller wie Motorola und Nokia oder der Musikindustrie.

»Das ist ohne Frage eine Gefahr«, sagte der Wagniskapitalinvestor Evangelos Simoudis aus dem Silicon Valley. »Mit dem Übergang zu Software-definierten Fahrzeugen nehmen die Autohersteller ein erhebliches Risiko wahr, jegliche Fähigkeit zur Interaktion mit den Nutzern zu verlieren.«

In China wendeten sich jüngere Käufer bereits von den etablierten Marken ab, auch weil deren Verknüpfung mit dem Smartphone nicht so nahtlos funktioniere wie bei Tesla oder den Angeboten der chinesischen Elektroauto-Start-ups. Auch in anderen Erdteilen häuften sich Verbraucherbeschwerden über die Qualität der Entertainmentsysteme.

Neue Modelle nicht vor Ende 2023

Für die nächste Generation neuer Autos haben große Hersteller bereits riesige Touchscreens angekündigt. Mercedes-Benz etwa bietet die Elektrolimousine EQS mit einem 141 Zentimeter breiten »Hyperscreen« an, versorgt mit Funktionen wie einem »Eco Assistant«, der die sparsamste Route errechnet. Nun dreht sich der Wettbewerb darum, wer die Software hinter solchen Displays entwickelt, wer die Daten zwischen Fahrzeug und Nutzer kontrolliert und wer die künftigen Erlöse einstreicht.

Die Autohersteller haben einen Vorteil gegenüber den Elektronikkonzernen: Sie kontrollieren bereits die Steuerungssysteme, die staatlichen Sicherheitsregeln und deutlich strengeren Haltbarkeitstests als in der Smartphone-Industrie genügen müssen.

Es gibt erste Zeichen, dass sich Auto- und Techkonzerne einigen. Google hat für seine nächste Generation von Autosoftware Abkommen mit General Motors, Volvo und der Renault-Nissan-Allianz geschlossen. Amazon hat mit einigen Herstellern vereinbart, seine Sprachassistentin Alexa in deren Fahrzeuge zu integrieren.

Apple wagt sich mit der neuen CarPlay-Version näher an die Auto-Hardware heran – lässt den Herstellern aber auch Zeit, auf die Ankündigung zu reagieren. Autos mit der nun vorgestellten Software würden nicht vor Ende des nächsten Jahres präsentiert, erklärte Apple. So dürfte das endgültige Produkt in einem Ford auch anders aussehen als in einem Ferrari.

ak/Reuters/dpa