Eisen statt Kobalt und Nickel: LFP-Akkus sollen für billigere E-Autos sorgen

Eine geplante neue Fabrik in den USA könnte zu einem wichtigen Meilenstein beim Versuch werden, die Elektromobilität endlich günstiger zu machen.

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Neue Akkus von Ford

Charles Poon, Director, Electrified Systems Engineering von Ford Motor Company (links), hält eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP), während Anand Sankaran, Director, Ford Ion Park, eine Nickel-Kobalt-Mangan-Batterie (NCM) hält. Ford verwendet derzeit NCM-Batterien in seinen Elektrofahrzeugen und wird im Laufe dieses Jahres LFP-Batterien in seine Produktpalette aufnehmen, um mehr Elektrofahrzeuge zu produzieren und sie für die Kunden zugänglicher und erschwinglicher zu machen.

(Bild: Ford)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Casey Crownhart
Inhaltsverzeichnis

Bessere Akkus wagen: Der US-Automobilkonzern Ford hat Pläne für ein neues Werk in Michigan angekündigt, in dem künftig Lithium-Eisenphosphat-Batterien für seine Elektrofahrzeuge hergestellt werden sollen. Die Fabrik, die 3,5 Milliarden US-Dollar kosten und 2026 in Betrieb gehen soll, wäre die erste, die diese Batteriechemie in den USA herstellt.

"Das ist eine große Sache", kommentierte die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, auf einer Pressekonferenz, auf der die Pläne für die Anlage vorgestellt wurden. Die Erweiterung der Batterieoptionen werde es Ford ermöglichen, "mehr Elektrofahrzeuge schneller zu bauen und sie letztendlich erschwinglicher zu machen", ergänzte Bill Ford, Vorstandsvorsitzender des Konzerns.

Die im neuen Werk hergestellten Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (auf Englisch "Lithium Ferrous Phosphate" oder kurz LFP) sind eine kostengünstigere Alternative zu den nickel- und kobalthaltigen Batterien, die heute in den meisten Elektrofahrzeugen in den USA und Europa verwendet werden. Während sich die LFP-Technik in China immer größerer Beliebtheit erfreut, stellt das Ford-Werk, das in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Batterieriesen CATL entwickelt wird, einen Meilenstein im Westen dar. Durch die Senkung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Ladegeschwindigkeit und Verlängerung der Lebensdauer könnten LFP-Akkus dazu beitragen, die Auswahl an Elektrofahrzeugen für die Konsumenten zu erweitern.

Lithium-Ionen-Batterien nutzen alle Lithium, um die Ladung in einem Teil der Batterie, der Kathode, zu speichern. Doch Lithium erledigt diesen Job nicht allein: Es wird in der Kathode durch eine Reihe anderer Materialien unterstützt. Die gängigste Art von Kathode, die heute in E-Fahrzeugen verwendet wird, enthält neben Lithium auch Nickel, Mangan und Kobalt. Einige Autohersteller – wie etwa Tesla –, verwenden eine andere Kathodenchemie mit Nickel, Kobalt und Aluminium. Diese beiden Kathodentypen sind zum Teil deshalb so bekannt geworden, weil sie eine hohe Energiedichte aufweisen. Die Batterien sind kleiner und leichter als andere, die dieselbe Energiemenge speichern können.

Während diese beiden früher die Standardkathoden für Elektroauto-Batterien waren, hat Lithium-Eisen-Phosphat, ein älterer Batterietyp, in den letzten Jahren ein Comeback erlebt, was vor allem auf das enorme Wachstum in China zurückzuführen ist.

Die eisenhaltigen Batterien sind heute in der Regel etwa 20 Prozent billiger als andere Lithium-Ionen-Batterien mit derselben Kapazität. Das liegt zum Teil daran, dass LFP kein Kobalt oder Nickel enthält – teure Metalle, die in den letzten Jahren starke Preisschwankungen erlebt haben. Die Batteriehersteller bemühen sich auch um eine Verringerung des Kobaltgehalts, da der Abbau des Metalls mit besonders problematischen Arbeitsbedingungen verbunden ist.

Die Zusammensetzung des Marktes für Batteriechemie ändert sich: Eisenhaltige LFP-Batterien sind in nur vier Jahren von weniger als 10 Prozent des Marktes für Elektrofahrzeuge auf fast 40 Prozent angewachsen. *Angaben ab 2022 sind Hochrechnungen.

(Bild: Datenquelle: BloombergNEF, Angaben von Casey Crownhart, Grafik: A Flourish Chart)

Die Herstellung von Kathoden ohne Kobalt und Nickel könnte den Autoherstellern helfen, Kosten zu senken. Einige haben bereits damit begonnen, die Batteriechemie für in den USA verkaufte Fahrzeuge umzustellen. Tesla importiert heute für einige Modelle, darunter das Model 3, sogar schon LFP-Zellen aus China. Ford hat bereits angekündigt, dass es die Technik ab 2023 in seinem Modell Mach-E und ab 2024 im Truck F-150 Lightning einsetzen wird.

Mit der neu angekündigten Fabrik wäre Ford der erste Automobilhersteller, der LFP-Batterien in den USA herstellt. Die neue Anlage in Verbindung mit CATL könnte dazu beitragen, die LFP-Produktion im Land anzukurbeln. "Das ist ein entscheidender Punkt für die nordamerikanische Produktionslandschaft", sagt Evelina Stoikou, Analystin für Batterietechnologie bei BloombergNEF, einem auf den Energiebereich spezialisierten Analyseunternehmen.

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Mehrere kleinere LFP-Produktionsanlagen könnten etwa zur gleichen Zeit wie das Ford-Werk in Betrieb gehen. Im Oktober 2022 kündigte die US-Bundesregierung eine Investition von fast 200 Millionen Dollar an, um ein Unternehmen namens ICL-IP America beim Bau einer eigenen Fabrik in Missouri zu unterstützen. Das Werk wird Material für LFP-Kathoden herstellen, die dann zur Herstellung von Batterien verwendet können. Man will 2025 die Produktion aufnehmen.

In der Zwischenzeit plant ein in Utah ansässiges Unternehmen namens American Battery Factory eine Produktionsanlage für LFP-Batterien in Tucson, Arizona. Diese Anlage soll etwa 1,2 Milliarden Dollar kosten und 2026 in Betrieb genommen werden. Während die zunehmende Verfügbarkeit alternativer Batteriechemien die Möglichkeiten für Autohersteller und Autofahrer erheblich erweitern könnte, wird LFP andere Technologien aber wahrscheinlich nicht vollständig ersetzen. "Es ist nicht der Heilige Gral für Batterien", sagt Expertin Stoikou.

LFP-Batterien sind zwar billiger als andere Techniken und können eine längere Lebensdauer haben, aber sie sind in der Regel auch schwerer und sperriger. Das kann für Fahrzeuge ein Problem darstellen, denn je schwerer die Batterien (und damit das Fahrzeug) sind, desto höher ist der Stromverbrauch des Gesamtsystems, was die Reichweite einschränkt. Außerdem könnten größere Batterien Platz für Sitze oder Gepäck wegnehmen.

Autofahrer in den USA und Europa bevorzugen in der Regel größere Fahrzeuge mit größerer Reichweite. Das macht es notwendig, mehr Energie in einen begrenzten Raum zu packen, sodass sich LFP im Westen vielleicht nie so durchsetzen wird wie in China, sagt Stoikou. Das Wachstum von LFP könnte sich nach diesem Jahr abflachen und sich bei etwa 40 Prozent des weltweiten Batteriemarktes für Elektrofahrzeuge stabilisieren, meint sie. Mit Blick auf die Zukunft werden wir wahrscheinlich bald sehen, wie andere, noch bessere Batteriechemieverfahren ihren Weg in die Autos finden.

Die Zugabe von Mangan zu einer eisenhaltigen Batterien könnte beispielsweise die Effizienz steigern und gleichzeitig die Kosten niedrig halten. Die Automobilhersteller könnten sich schließlich ganz von der Lithium-Ionen-Chemie abwenden und stattdessen auf Lithium-Metall-Feststoffbatterien umsteigen, die eine noch höhere Energiedichte aufweisen.

In Zukunft werden Elektroautos vielleicht nicht einmal mehr auf Lithium angewiesen sein, da Natrium-Ionen-Batterien eine kostengünstigere Alternative darstellen könnten. Jede dieser Kombinationen könnte für den Verkehr der Zukunft für unterschiedliche Fahrprofile entscheidend werden – auch wenn jetzt die Stunde von LFP in den USA gekommen zu sein scheint.

(jle)