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Ranking der Autoindustrie Ladenetz im Westen besonders lückenhaft

Ab 2035 sollen in Europa nur noch E-Autos verkauft werden. Doch das Ladenetz weist große Lücken auf, wie ein neues Ranking der Autolobby zeigt. Vor allem der Westen der Republik hat Nachholbedarf.
aus DER SPIEGEL 24/2022
Ladestation in Essen: »Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen«

Ladestation in Essen: »Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen«

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Jochen Tack / IMAGO

Deutschlands Kommunen sind für den rasanten Umstieg auf Elektroautos schlecht gewappnet. Mehr als die Hälfte aller 10.796 Gemeinden verfügt über keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt, wie eine aktuelle Auswertung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) auf Basis von Daten der Bundesnetzagentur ergab. Deutschlandweit wuchs die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladevorrichtungen demnach in jedem der vergangenen zwölf Monate rechnerisch um lediglich gut 1400.

Aus: DER SPIEGEL 24/2022
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Mikhail Palinchak / SOPA Images / LightRocket / Getty Images / DER SPIEGEL

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Im gleichen Zeitraum wurden monatlich rund 57.000 Elektro-Pkw inklusive Plug-in-Hybride zugelassen. Die aktuelle Ausbaugeschwindigkeit müsste versechsfacht werden, fordert VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Ansonsten werde die Bundesrepublik im Jahr 2030 nur über rund 210.000 Ladepunkte verfügen – etwa ein Fünftel des Millionenziels der Bundesregierung. Vor allem die westdeutschen Bundesländer haben Nachholbedarf, zeigt das neue Ladenetzranking des VDA, das dem SPIEGEL vorab vorliegt. Vorn liegen beim Ausbau die ostdeutschen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, am Ende der Liste stehen Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Beim Spitzenreiter Sachsen kommen auf einen Ladepunkt im Schnitt knapp 14 E-Pkw, beim Schlusslicht Saarland 28.

Unter den zehn Städten und Landkreisen mit den meisten zugelassen Elektroautos hat die Region Hannover die beste Quote (15), in Frankfurt am Main und Wiesbaden liegt sie über 60. Auf kommunaler Ebene könnte die Statistik allerdings leicht verzerrt sein, weil an manchen Orten ganze Flotten angemeldet werden, die tatsächlich in anderen Städten unterwegs sind und Strom laden. So meldet Volkswagens Carsharing-Dienst WeShare viele Autos in Wiesbaden an, die aber in Berlin oder Hamburg ausgeliehen werden können.

Auch bei den Schnellladepunkten, die Strom mit höherer Ladeleistung übertragen, ist der Osten führend: In Thüringen teilen sich rund 58 E-Autos eine solche Lademöglichkeit, in NRW und Hessen je 209. Der statistische Vorsprung der Ostländer hängt allerdings auch damit zusammen, dass dort noch vergleichsweise wenige E-Autos zugelassen sind. So sind auf Sachsens Straßen bislang nur rund 34.000 Stromer unterwegs, in Nordrhein-Westfalen bereits über 293.000. Absolut gesehen verfügen Bayern (knapp 12.000) und NRW (rund 11.000) über die meisten Ladepunkte.

Aus VDA-Sicht sind die lokalen Entscheidungsträger bundesweit in der Pflicht, mehr Säulen aufzustellen: »Statt ihm hinter­herzuhinken, muss der Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen«, sagt Müller. Die Zeit drängt: Ab 2035 will das EU-Parlament den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor europaweit verbieten.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hingegen fordert einen weniger aggressiven Ausbau. Der Ladesäulenausbau komme gut voran, sagt BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Ladesäulen würden immer leistungsfähiger, prozentual sei das Wachstum beim Ausbau gut. Der Lobbyverband will eine hohe Auslastung der Säulen gewährleisten, und damit eine höhere Gewinnmarge für deren Betreiber.

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